…das Kleinod im südöstlichen Münsterland

(Heinz Loddenkemper)

Der Diestedder Berg markiert den südöstlichen Rand des Kernmünsterlandes (Kleimünsterlandes) und ist ein wesentlicher Teil der Beckumer Berge. Diese begrenzen zusammen mit den Baumbergen und den Halterner Höhen das kreidezeitliche Senondreieck des inneren Münsterlandes. Zusammen mit dem Beckumer Höxberg und dem Mackenberg (als Vorberg) liegt der Diestedder Berg am Südostrand der Schichtstufe und ragt knapp 50 Meter über das umgebende Niveau des Flachlandes nordwestlich des Ortes Diestedde auf. Er gehört zum zerfransten Rand der Hochfläche des Beckumer Gebietes und ist mit
139,03 m über NN der höchste Punkt in der Gemeinde Wadersloh. Seine Steilhänge schauen nach Süden und Osten.

Mergelige Quadratenschichten bilden den Sockel (Stromberger Schichten). Diese Schichten fallen nach Nordwesten zum Kernmünsterland hin ein. Südlich der Diestedder Feldflur ist eine weitere schwache Geländekante in den Wadersloher Platten feststellbar, die von Uentrop kommend über Wadersloh in Richtung Langenberg zieht. Dieser Untergrund ist von der Saale-Eiszeit (Hameln-Amersfoorter-Phase des Drenthe-Stadiums) überformt worden, wie Funde eiszeitlicher Geschiebe (Findlinge in der Umgebung, offensichtlich eine Grundmoräne) und Geschiebelehme in der Feldflur beweisen.

Der Diestedder Berg bildet auch die Wasserscheide zwischen Ems und Lippe, der Mackenberg wird in nordöstlicher Richtung über den Axtbach und den Fortbach zur Ems entwässert, während Liese, Maybach und Boxelbach zunächst östlich und später nach Süden zur Lippe fließen. Die Lippe kann somit als Saumfluss des Münsterlandes gesehen werden. Die Wasserscheide folgt im Allgemeinen auf der Firstlinie der Schichtstufe. Die Liese bildet zunächst sogar natürliche kleine Mäander im westlichen Bereich des Diestedder Berges aus, später ist sie als Vorfluter begradigt worden. Im Waldgebiet des Berges finden sich mehrere Quellen. Sie gehören zu einem Quellhorizont am südöstlichen Rand. Das Niederschlagswasser sickert hier durch die kreidezeitlichen Ablagerungen und löst dabei Kalk, der dann im Bereich des Quellhorizontes durch wasserstauende Schichten wieder austritt und ausfällt (Sinterbildung, ähnlich wie bei Kalktuffquellen). Es handelt sich also um hartes Wasser. Hier sind auch Sumpfpflanzen anzutreffen. Forellenteiche sind um den Fuß des Diestedder Berges herum angeordnet, was auch auf die hohe Wasserqualität und Wasserreichtum hinweist.

Auch beim Schloss Crassenstein z. B. finden sich Quellen, die abgefangen sind und zur Speisung der Gräfte mit einem Düker genutzt werden.

Im Bereich der Schemmwiesen (Rentnerpatt) wurden in einer Flachmulde vom Kreis Warendorf zwei Biotope im Bereich eines Versumpfungsmoores angelegt, die die Vernässung fördern sollen. Das Moor hat sich früher vermutlich auf Sanden und sandigen Tonen hier ausgebildet. Pflanzen mit hohem Wasserbedarf (Eschen, Pappeln) und ein Erlenbruchwald finden sich hier und auch in der Nähe von Schloss Crassenstein.

Am Berg selbst ist teilweise ein alter Laubholzbestand anzutreffen, der wahrscheinlich etwa seit 150 Jahren dort wachsen dürfte. Unter Buchen finden sich sogar Bärlauch und andere Frühblüher. Sogar die seltene Natternzunge (Ophiglossum vulgatum), ein Farngewächs, kommt vor. Diese Pflanze gab es schon im frühesten Tertiär vor etwa 60 Millionen Jahren. Im Bereich des langgestreckten Quellhorizontes finden sich Pappeln, Eschen und Erlensumpfwald als Auewald. In einem Rotbuchenwald finden Kolkraben ein ideales Revier vor. Der Rotmilan brütet hier sogar, er findet ein großes Jagdrevier in der Umgebung vor. Auch der Schwarzspecht fühlt sich hier zuhause. Sogar ein Uhupaar (Bubo bubo) wurde hier auf einem Bussardhorst beobachtet.

Die Bäche sind ein ideales Laichgebiet für zahlreiche Fischarten, die – nach dem Ausbau der Fischtreppe 2008/2009 – diese Bereiche wieder erreichen können. Die Gräfte, die Biotope, die Feuchtwiesen und auch die Fischteiche sind die Futterquellen für Eisvogel und auch Fischreiher, die oftmals beobachtet werden können. Auch der Weißstorch u. a. Vogelarten werden gesehen.

Der Diestedder Berg diente früher auch als Jagdrevier für die Schlossherren von Crassenstein. Graf Wladimir von Marchant und Ansembourg kam hier bei einem Jagdunfall ums Leben, woran ein dort errichteter Gedenkstein auch heute noch erinnert.

Im westlichen Teil des Diestedder Berges wurde ein – leider nur kleines – Naturschutzgebiet von insgesamt 55 ha Größe eingerichtet. Nur Dank der Hilfe der NRW-Stiftung zum Naturschutz konnte dieses als ein Refugium für Tiere und Pflanzen gesichert werden. Der gesamte Diestedder Berg stellt eine einmalige ökologisch äußerst wertvolle Nische dar, die unbedingt naturnah erhalten und gepflegt werden sollte, um Flora und Fauna für nachfolgende Generationen zu sichern. Der gesamte Raum ist zur Erhaltung dieser besonderen Phänomene notwendig.

Am südlichen Fuß des Berges führt der Fernwanderweg X1  am Waldrand entlang und kann so für Naturbeobachtungen genutzt werden. Ein weiterer örtlicher Rundwanderweg A9 quert sogar den Berg und steht für Naturfreunde so zur Verfügung. In Sichtweite des Diestedder Berges verläuft auch die Münsterlandreitroute, die durch den gesamten Kreis Warendorf führt und zu Beobachtungen einlädt, entlang des  Altendiestedder Weges, parallel zum Bergrücken.

Das Gedenkkreuz an der Todesstelle des Grafen

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Bild: Fritz Streffer